PDO-Parametrierung

Auch wenn die meisten CANopen-Netze in der Default-Einstellung und damit mit minimalem Konfigurationsaufwand zufrieden stellend arbeiten, so sollte zumindest überprüft werden, ob die vorhandene Buslast vertretbar ist. 80% Busauslastung mag für ein rein zyklisch synchron arbeitendes Netzwerk akzeptabel sein, für ein rein ereignisgesteuertes Netz ist dieser Wert in der Regel zu hoch, da kaum Bandbreite für zusätzliche Ereignisse zur Verfügung steht.

Applikationsanforderungen berücksichtigen

Die Prozessdatenkommunikation sollte hinsichtlich einiger sich teilweise widersprechender Applikationsanforderungen optimiert werden. Hierzu gehören

  • Geringer Parametrieraufwand - optimal sind brauchbare Default-Werte 
  • Garantierte Reaktionszeit auf bestimmte Ereignisse
  • Zykluszeit bei Regelvorgängen über den Bus
  • Sicherheitsreserven für Busstörungen (genügend Bandbreite für Nachrichtenwiederholung) 
  • Maximale Baud-Rate - hängt von der maximalen Buslänge ab 
  • Gewünschte Kommunikationspfade - wer spricht mit wem

Der bestimmende Faktor ist meist die zur Verfügung stehende Busbandbreite (Buslast).

Baud-Rate bestimmen

Allgemein wird man beginnen, die Baud-Rate so groß zu wählen, wie es die Buslänge erlaubt. Hierbei sollte man berücksichtigen, dass serielle Bussysteme grundsätzlich umso empfindlicher auf Störeinflüsse reagieren, je höher die Baud-Rate ist. Es gilt also die Regel: so schnell wie nötig. 1000 kBit/s sind meist nicht erforderlich und uneingeschränkt nur bei Netzwerken innerhalb eines Schaltschrankes ohne galvanische Trennung der Busknoten empfehlenswert. Die Erfahrung zeigt auch, dass das Abschätzen der verlegten Buskabellänge häufig zu optimistisch erfolgt - die tatsächliche Kabellänge also größer ist.

Kommunikationsart bestimmen

Ist die Baud-Rate gewählt, so gilt es nun die PDO-Kommunikationsart(en) zu bestimmen. Diese haben unterschiedliche Vor- und Nachteile:

  • Die zyklisch synchrone Kommunikation ergibt eine genau vorhersagbare Busbelastung und damit ein definiertes Zeitverhalten - man könnte auch sagen, der worst case ist Standard. Sie ist einfach zu konfigurieren: mit dem Parameter SYNC-Rate kann die Buslast global eingestellt werden. Die Prozessabbilder werden synchronisiert: Eingänge werden gleichzeitig gelesen, Ausgangsdaten gleichzeitig gültig gesetzt - die Qualität dieser Synchronisierung ist allerdings implementierungsabhängig.

    Die garantierte Reaktionszeit ist bei der zyklisch synchronen Kommunikation immer mindestens so groß wie die Zykluszeit. Die Busbandbreite wird nicht optimal genutzt, da auch alte, sich nicht ändernde Daten ständig übertragen werden. Es ist aber möglich, das Netz durch die Wahl unterschiedlicher SYNC-Vielfacher (Transmission Types 1...240) zu optimieren und sich langsam ändernde Daten seltener zu übertragen als z.B. zeitkritische Eingänge. Berücksichtigt werden sollte jedoch, dass Eingangszustände, die kürzer anstehen als die Zykluszeit, nicht unbedingt kommuniziert werden. Ist dies gefordert, so sollten die entsprechenden PDOs für asynchrone Kommunikation vorgesehen werden.
  • Die ereignisgesteuerte, asynchrone Kommunikation ist optimal hinsichtlich Reaktionszeit und Verwendung der Busbandbreite - man könnte sie als "CAN pur" bezeichnen. Bei ihrer Wahl muss allerdings berücksichtigt werden, dass unter Umständen viele Ereignisse gleichzeitig auftreten und sich dann entsprechende Verzögerungszeiten einstellen können, bis ein relativ niederpriores PDO verschickt werden kann - eine seriöse Netzwerkplanung erfordert demnach eine worst-case Betrachtung. Auch muss, z.B. durch Verwendung der Inhibit Zeit, verhindert werden, dass ein sich ständig ändernder Eingang mit hoher PDO-Priorität den Bus blockiert (Fachbegriff: "babbling idiot"). Aus diesem Grund ist beispielsweise die Ereignissteuerung bei Analogeingängen im Geräteprofil per Default abgeschaltet und muss gezielt aktiviert werden. Über den Ablauf-Timer lassen sich Zeitfenster für die Sende-PDOs einstellen: Das Telegramm wird frühestens nach Ablauf der Inhibit-Zeit und spätestens nach Verstreichen des Ablauf-Timers erneut gesendet.
  • Parametriert wird die Kommunikationsart über den Transmission Type (siehe: Übertragungsart festlegen).

Es ist auch möglich, beide PDO Kommunikationsprinzipien zu kombinieren. So kann es beispielsweise sinnvoll sein, die Soll- und Istwerte einer Achsregelung zyklisch synchron auszutauschen, während Endschalter oder die mit Grenzwerten versehene Motortemperatur mit ereignisgesteuerten PDOs überwacht werden. So kombiniert man die Vorteile beider Prinzipien: Synchronität der Achskommunikation und kurze Reaktionszeit für Endschalter. Durch die dezentrale Grenzwertüberwachung wird trotz Ereignissteuerung vermieden, dass der Temperatur-Analogwert ständig zur Buslast beiträgt.

Im genannten Beispiel kann es auch sinnvoll sein, die Identifier-Verteilung gezielt zu beeinflussen, um den Buszugriff durch die Prioritätsverteilung zu optimieren: die höchste Priorität bekommt das PDO mit den Endschalterdaten, die niedrigste das mit den Temperaturwerten. 

In aller Regel ist es aber nicht erforderlich, die Identifier-Verteilung anzupassen, um die Latenzzeit beim Buszugriff zu optimieren. Dagegen müssen die Identifier verändert werden, um eine masterlose Kommunikation zu ermöglichen (PDO Linking). Im genannten Beispiel könnte je ein RxPDO der Achsen denselben Identifier wie das TxPDO des Endschalters zugewiesen bekommen und dadurch eine Veränderung des Eingangswertes verzögerungsfrei empfangen.

Buslast bestimmen

In jedem Fall ist es sinnvoll, die Buslast zu bestimmen. Doch welche Buslastwerte sind zulässig bzw. sinnvoll? Unterscheiden sollte man zunächst den kurzfristigen Burst von Telegrammen, bei dem eine Anzahl CAN-Nachrichten direkt aufeinander folgt - kurzzeitig 100% Buslast. Das ist nur dann problematisch, wenn die dadurch ausgelöste Folge von Empfangsinterrupts auf den CAN-Knoten nicht mehr abgearbeitet werden kann, es also zu einem Datenüberlauf (CAN-Queue-Overrun) kommt. Das kann bei sehr hohen Baud-Raten (> 500 kBit/s) bei Knoten mit Software-Telegrammfilterung und relativ langsamen oder stark ausgelasteten Mikro-Controllern vorkommen, wenn z.B. eine direkte Folge von Remote Frames (diese enthalten keine Datenbytes und haben daher minimale Länge) auf dem Bus ist (bei 1 Mbit/s kann so alle 40 µs ein Interrupt erzeugt werden; Beispiel: ein NMT-Master sendet alle Guarding-Anforderungen direkt hintereinander). Durch geschickte Implementierung läßt sich das vermeiden, der Anwender sollte davon ausgehen können, dass von den Geräteanbietern hierfür Sorge getragen wurde. Ein Burst-Zustand ist z.B. direkt nach dem SYNC Telegramm völlig normal: vom SYNC getriggert versuchen alle synchron arbeitenden Knoten quasi gleichzeitig Ihre Daten zu senden, es finden viele Arbitrierungsvorgänge statt, die Telegramme sortieren sich nacheinander in der Reihenfolge ihrer Priorität auf den Bus. Das ist in der Regel unkritisch, da es sich hier um Telegramme mit einigen Datenbytes handelt und die Telegrammfolge damit zwar eine schnelle, aber überschaubare Folge von Empfangsinterrupts auf den CAN-Knoten auslöst. 

Unter Buslast versteht man meist den gemittelten Wert über mehrere Primärzyklen, also z.B. das Mittel über 100-500 ms. CAN, und damit CANopen, ist zwar in der Lage, nahe 100% Buslast auf Dauer zu bewältigen, aber dann steht keine Bandbreite für eventuelle Wiederholungen bei Störeinflüssen, asynchrone Fehlermeldungen, Parametrierung etc. zur Verfügung. Selbstverständlich hat die vorherrschende Art der Kommunikation einen großen Einfluss auf die sinnvolle Buslast: ein komplett zyklisch synchron arbeitendes Netz befindet sich ja bereits nahe am worst case Zustand und kann daher mit Werten von 70-80% betrieben werden. Für ein rein ereignisgesteuertes Netz ist diese Zahl nur schwer anzugeben: es muss hier abgeschätzt werden, wie viele zusätzliche Ereignisse im Vergleich zum derzeitigen Anlagenzustand auftreten können und für wie lange das zu einem Burst führt - also wie lange die relativ niederpriorste Nachricht dann verzögert würde. Ist dieser Wert von der Applikation her zulässig, so ist die aktuelle Buslast akzeptabel. Als Näherungswert kann meist angenommen werden, dass ein ereignisgesteuertes Netz mit 30-40% Grundlast genügend Reserven für worst-case-Szenarien hat - diese Annahme macht aber eine sorgfältige Analyse nicht überflüssig, wenn Verzögerungen zu kritischen Anlagenzuständen führen können.

Die BECKHOFF CANopen-Master-Geräte zeigen die Buslast über den System Manager ein. Diese Variable kann auch in der SPS verarbeitet oder in der Visualisierung zur Anzeige gebracht werden.

Neben den Kommunikationsparametern ist natürlich die Datenbelegung der Prozessdatenobjekte entscheidend: das PDO Mapping.