Hinweise zur Zertifizierung

Unabhängig vom verwendeten Zertifizierungsgerät wird folgende praxisnahe Vorgehensweise zur Zertifizierung einer feldkonfektionierten FastEthernet-Verkabelungsstrecke (inkl. Endsteckerprüfung) für EtherCAT vorgeschlagen:

Erläuterungen zu den Messungen eines Zertifizierers für TwistedPair-Cables

Angaben zu elektrischen Grenzwerten s. Kabelspezifikationen.

Die Messungen an Ethernet-Leitungen haben nach prEN50346:2001 zu erfolgen.

Hinweise zur Zertifizierung 1:

Eingestellte Grenzwerte/Grenzwertdatensatz

  • Ein Grenzwertdatensatz besteht aus mehreren verschiedenen Grenzwertkurven, z.B. Widerstand, Delay, NEXT, ...
    Je nach eingestelltem Grenzwertdatensatz
  1. sind die einzelnen Messungen aktiv
  2. dient eine Messung nur informativen Zwecken (z.B. die Längenmessung in der EN50173 Channel-Vorgabe)
  3. oder ist verpflichtend zu erfüllen (z.B. die Dämpfungsmessung der EN50173-Channel-Vorgabe)
  • Jeder Datensatz wird komplexe Messung auslösen und dabei bunte Grafiken produzieren, es obliegt dem Anwender den für seinen Fall korrekten Grenzwertsatz zu wählen.
Hinweise zur Zertifizierung 2:

Frequenzabhängigkeit der Parameter

Die meisten der u.a. Parameter werden über einen vorgegebenen Frequenzbereich gemessen. Bei der Bewertung der Ergebniskurven f(f) ist zu beachten, dass FastEthernet nicht bei einer konstanten Frequenz arbeitet, s. Grundlagen Ethernet.

Messung

Erläuterungen

Wiremap

Durchgangstest aller angeschlagenen Adern 1-8, Schirm
Wird z.B. ein 4 adriges Kabel gemessen, ist aber ein 8 adriges im Gerät angegeben, wird der Wiremap-Test scheitern und alle folgenden Tests damit auch.

Widerstand

Gleichstromwiderstand/Schleifenwiderstand, angegeben in Ω/100 m

üblich: 12 Ω/100m @AWG22, 19 Ω/100m @AWG26

Länge

wird meist über NVP gemessen, welches deshalb korrekt in der Kabelangabe des Tests eingetragen werden muss.
NVP (Normal Velocity of Propagation): Verhältnis von Signalausbreitungsgeschwindigkeit im Kabel zur Lichtgeschwindigkeit; meist 60..80% und dem Kabeldatenblatt zu entnehmen. Resultiert vor allem aus dem "Schlaglänge" und Verdrillungsgrad, indem z.B. in 2 m Ethernetkabel 2+x m Litze je Ader enthalten sind. Je größer der NVP-Wert, desto weniger sind die Kabelelemente verdrillt.

Die Kabellänge an sich ist nach EN50173 kein kritischer Wert, führt jedoch über längenabhängige Kennwerte (wie die Dämpfung) zu elektrischen oder über laufzeitabhängige Verfahren zu protokollarischen Problemen.

Signalverzögerung

Propagation Delay

entsteht durch die Laufzeit des Signals im Kabel. Führt zu Problemen wenn eine Permanent-Link-Messung (mit max. 90 m spezifiziert » meist 498 ns) auf ein 100 m Ethernet-Kabel ausgeführt werden soll.

Differenz Signalverzögerung

Zeitverzögerung in der SIgnallaufzeit eines Adernpaares. Sollte möglichst 0 ns sein.

Einfügedämpfung

Insertion Loss

Attenuation

Der Parameter um die Kabeleigenschaften zu bewerten:

  • die Dämpfung verringert die Signalamplitude je m Kabel
  • die Dämpfung wird positiv angegeben in [dB/100m] - hier sind KLEINERE Werte besser
  • die Dämpfung ist frequenzabhängig: je höher die Frequenz, desto höher die (reale) Dämpfung im Kabel. Dadurch wird das ursprünglich rechteckige Signal des Senders zur bekannten "Augen"-Form verschliffen - der Empfänger muss durch Equalizer das Signal rückgewinnen
  • 3 dB Dämpfung entsprechen ca. 50% Leistungsverlust
  • die Dämpfung steigt
    - wenn das Kabel dünner wird (AWG-Zahl wird höher)
    - wenn das Kabel geschirmt ist (parasitäre Kapazitäten)
    - wenn Litze statt starre Adern verwendet werden

Die EN50173 lässt je nach Einsatzzweck (festverlegt oder Geräteanschluss= Patchkabel) verschiedene Dämpfungsklassen zu, s. Grenzwertsätze. Zur Orientierung (nach EN50288-2:2003)

  • festverlegtes Kabel: 21.3 dB/100m @ 100MHz (es ist auch Kabel in Litzenausführung für bewegten Betrieb nach dieser Spezifikation verfügbar!)
  • Patchkabel/Geräteanschluss: 32 dB/100m @ 100MHz

ACHTUNG: dies sind nicht die Grenzwerte, nach denen dann eine komplette Leitungsstrecke nach EN50173 spezifiziert wird!

Rückflussdämpfung

Return Loss

In das Kabel gesandte Wellen werden von Störstellen teilweise zum Sender zurückreflektiert. Störstellen können im Material oder an Steckerübergängen liegen. Die Rückflussdämpfung ist die Differenz aus dem ins Kabel gesandten und zum Sender zurückreflektierten Signal.

  • je höher die gemessene Rückflussdämpfung desto besser, die Dämpfung ist hoch und damit der Wert des (wieder)empfangenen Signals ist dann geringer
  • Größenordnung: 10 dB/100m @ 100 MHz bei der EN50173-Channel-Class-D Messung.

NEXT

PS NEXT
 

NEXT (Near End Cross Talk) beschreibt das Ausmaß des Übersprechens von einem Paar Adern auf ein benachbartes Paar. Zur Messung wird ein Signal bekannter Stärke über Paar X übertragen und auf allen benachbarten Paaren die Einstrahlung gemessen.

  • bei 4 Paaren sind somit 6 Kombinationen möglich.
  • NEXT wird an beiden Enden gemessen (NEXT, FEXT), somit werden 12 Ergebniskurven f(f) ermittelt.
  • NEXT wird negativ gemessen in [dB/100m]: der Wert beschreibt die "Lautstärke" des empfangenen Signals auf den benachbarten Leitungspaaren in Relation zur ausgesandten Leistung - je negativer der Wert, desto besser.
  • zur Darstellung wird NEXT meist positiv ohne Vorzeichen aufgetragen, dann sind also positiv GRÖSSERE Werte besser als kleinere.
  • je länger ein Kabel ist, desto empfindlicher ist es auf NEXT.
  • Da eine gute Verdrillung vor NEXT schützt, sind Steckverbindungen besonders kritisch: einige mm entdrilltes Adernpaar in einem Stecker beeinflussen den Messwert signifikant.
    Hinweis: ein Stecker-Buchse-Übergang schafft bereits eine unverdrillte Strecke von 1-2 cm !
  • NEXT ist abhängig von der Lage der Kabelstrecke: ein Kabel wird aufgespult ein anderes NEXT-Ergebnis liefern als abgewickelt und gestreckt. Deshalb ist die NEXT-Messung bevorzugt in beendeter Installation vorzunehmen.

PSNEXT (PowerSum NEXT) wird für jedes Aderpaar berechnet als Summe der Übersprechen aller anderen Paare.

  • eird PSNEXT zur Darstellung ebenfalls positiv aufgetragen, sind GRÖSSERE Werte besser.
  • typischerweise sind die PSNEXT-Kurven einige dB schlechter als die NEXT-Ergebnisse.

ACR-N
ACR-F, ELFEXT
 

PS ACR-N, PS ACR-F

ACR-N (Attenuation to Crosstalk Ratio, Near End) wird berechnet als kabelpaarweise Differenz aus den schlechtesten Ergebnissen der NEXT- und der Dämpfungsmessungen, als Funktion der Frequenz f(f). Es stellt also in etwa das schlechteste Signal-Rausch-Verhältnis dar und ist somit ein hervorragender Parameter um die Güte einer Übertragungsstrecke zu bewerten. Es wird für jedes Adernpaar berechnet.

  • je größer der Wert, desto besser - der Empfänger kann dann das Nutzsignal deutlicher von Störungen trennen.
  • ein ACR-N von 10 dB kann als ein gut erkennbares Signal bezeichnet werden.

ACR-F (Attenuation to Crosstalk Ratio, Far End) unterliegt der längenabhängigen Dämpfung und wird aus NEXT unter Einbeziehung der Dämpfung auf längenunabhängige Werte normalisiert. Er wird auch ELFEXT (Equal Level Far End Crosstalk) genannt.

  • je größer der Wert, desto besser .

PS ACR wird berechnet als Differenz aus PS NEXT und der Einfügedämpfung und bedeutet das gesamte Signal-Rausch-Verhältnis eine Kabelpaares.

  • je größer der Wert, desto besser .