Technologie

Die Schrittmotorklemmen von Beckhoff integrieren eine kompakte Motion-Control-Lösung für Schrittmotoren bis 200 W in kleinster Bauform.

Schrittmotor

Der Schrittmotor ist ein Elektromotor, vergleichbar dem Synchronmotor. Der Rotor ist als Permanentmagnet ausgeführt, während der Stator aus einem Spulenpaket besteht. Im Unterschied zum Synchronmotor verfügt der Schrittmotor über eine große Zahl von Polpaaren. Bei einfachster Ansteuerung schaltet man den Schrittmotor von Pol zu Pol, bzw. von Schritt zu Schritt.

Schrittmotoren sind schon seit vielen Jahren im Einsatz. Sie zeichnen sich durch Robustheit aus, lassen sich leicht ansteuern und liefern ein hohes Drehmoment. Die Möglichkeit, die Schritte mit zu zählen, erspart in vielen Anwendungsfällen ein kostenintensives Rückführungssystem. Auch nach der zunehmenden Verbreitung der Synchron-Servomotoren ist der Schrittmotor keineswegs „in die Jahre gekommen“, sondern gilt als ausgereift und wird nach wie vor weiter entwickelt, um Kosten und Baugröße zu reduzieren und um Drehmoment und Zuverlässigkeit zu steigern.

Mit der Entwicklung der Schrittmotorklemmen EL70x1-xxxx für das Beckhoff EtherCAT-Klemmen-System erschließen sich neue Anwendungsfelder. Der Einsatz von Microstepping und neuester Halbleitertechnologie bietet viele Vorteile:

Realisierung von anspruchsvollen Positionieraufgaben

Anspruchsvolle Positionieraufgaben lassen sich mit Hilfe der Beckhoff-Automatisierungssoftware TwinCAT realisieren. Die Schrittmotorklemmen werden, wie andere Achsen, via TwinCAT System Manager eingebunden und sind wie übliche Servoachsen zu nutzen. Besondere Eigenarten des Schrittmotors, wie Rücknahme der Drehzahlvorgabe bei zu großem Schleppfehler, werden automatisch durch die Option Schrittmotorachse berücksichtigt. Der Aufwand, von einem Servomotor auf einen Schrittmotor - und zurück - zu wechseln, ist nicht größer, als unter TwinCAT der Wechsel von einem Feldbus zum anderen.

Die Endstufen der Schrittmotorklemmen besitzen eine Überlastsicherung in Form einer Übertemperaturwarnung und -abschaltung. Zusammen mit der Kurzschlusserkennung werden die Diagnosedaten im Prozessabbild der Steuerung zugänglich gemacht. Zusätzlich wird dieser Status, neben weiteren Informationen durch die LEDs der Busklemme angezeigt. Mit einem Enable-Bit wird die Endstufe eingeschaltet. Über einen Parameterwert kann der Motorstrom eingestellt und abgesenkt werden.

Die optimale Anpassung an den Motor und der energiesparende Einsatz in der Anwendung erfordern keinen großen Programmieraufwand. Da alle Daten in Form von Parametern im CoE-Register eingestellt werden, ist es leicht möglich, eine EtherCAT-Klemme auszutauschen oder einmal erarbeitete Parameter zu speichern und in ein nächstes Projekt zu übertragen. Das Übertragen bestimmter Potentiometer-Einstellungen und Dokumentieren von DIP-Schalter-Einstellungen ist somit nicht mehr erforderlich.

Parameter eines Schrittmotors

Drehmoment

Bezeichnet das maximale Drehmoment des Motors bei unterschiedlichen Drehzahlen. Meist wird eine Kennlinie zur Darstellung verwendet. Das Drehmoment eines Schrittmotors ist im unteren Drehzahlbereich vergleichsweise hoch und ermöglicht in vielen Anwendungsfällen einen direkten Einsatz ohne weiteres Getriebe. Ein Schrittmotor liefert, im Vergleich zu anderen Motoren, ohne großen Aufwand ein Haltemoment, das in der Größenordnung des Drehmoments liegt.

Drehzahl

Die maximale Drehzahl eines Schrittmotors ist gering und wird meist als maximale Schrittfrequenz angegeben.

Phasenzahl

Üblich sind 2- bis 5-Phasen-Motoren. Die EtherCAT-Klemmen EL70x1 unterstützen 2-Phasen-Motoren. 4-Phasen-Motoren sind im Grunde 2-Phasen-Motoren mit getrennt herausgeführten Wicklungsenden und können direkt an die EtherCAT-Klemme angeschlossen werden.

Nennspannung, Versorgungsspannung und Wicklungswiderstand

Im stationären Zustand fließt der Nennstrom bei Nennspannung, in Abhängigkeit zum Wicklungswiderstand. Diese Spannung sollte nicht mit der Versorgungsspannung der Leistungsendstufe in der EtherCAT-Klemme verwechselt werden. Die EL70x1 geben einen geregelten Strom auf die Motorwicklung. Unterschreitet die Versorgungsspannung die Nennspannung, kann die Leistungsendstufe den Strom nicht mehr in voller Höhe einprägen und ein Drehmomentverlust ist die Folge. Erstrebenswert sind ein kleiner Wicklungswiderstand und eine hohe Versorgungsspannung, um die Erwärmung gering zu halten und ein möglichst hohes Drehmoment bei hohen Drehzahlen zu erreichen.

Resonanzen

In bestimmten Drehzahlbereichen zeigen Schrittmotoren einen mehr oder weniger rauen, unrunden Lauf. Dieses Phänomen ist besonders ausgeprägt, wenn der Motor ohne angekoppelte Last läuft; unter Umständen kann er dabei sogar stehen bleiben. Die Ursache ist in Resonanzen zu sehen. Grob kann man unterscheiden zwischen

Die Resonanzen im mittleren bis oberen Frequenzbereich resultieren im Wesentlichen aus den elektrischen Kenngrößen wie Induktivität der Motorwicklung und Zuleitungskapazitäten. Sie sind über eine hohe Taktung der Regelung relativ einfach in den Griff zu bekommen.

Die Resonanzen im unteren Bereich resultieren im Wesentlichen aus den mechanischen Kenngrößen des Motors. Sie bewirken im Allgemeinen außer dem rauen Lauf, teilweise einen recht erheblichen Drehmomentverlust, bis hin zum Schrittverlust des Motors und sind also in der Anwendung besonders störend.
Der Schrittmotor stellt im Grunde ein schwingungsfähiges System dar, vergleichbar mit einem Masse-Federsystem, bestehend aus dem sich bewegenden Rotor mit Trägheitsmoment und einem magnetischen Feld, das eine Rückstellkraft auf den Rotor erzeugt. Beim Auslenken und Loslassen des Rotors wird eine gedämpfte Schwingung erzeugt. Entspricht die Ansteuerfrequenz der Resonanzfrequenz, wird die Schwingung verstärkt, so dass der Rotor im ungünstigsten Fall den Schritten nicht mehr folgt und zwischen zwei Rastungen hin und her schwingt.
Die EtherCAT-Klemmen EL70x1 verhindern diesen Effekt durch ihr SinCos-förmiges Bestromungsprofil bei nahezu allen Standardmotoren. Der Rotor wird nicht von Schritt zu Schritt geschaltet, springt also nicht mehr in die nächste Rastung, sondern es werden 64 Zwischenschritte durchlaufen, d. h. der Rotor wird behutsam von einem Schritt zum nächsten geführt. Der sonst übliche Drehmomenteinbruch bei bestimmten Drehzahlen bleibt aus und es kann anwendungsoptimiert gefahren werden. Dadurch kann der Motor gerade im drehmomentstarken, unteren Drehzahlbereich voll genutzt werden.

Schrittwinkel

Der Schrittwinkel gibt den bei einem Schritt zurückgelegten Winkel an. Typische Werte sind 3,6°, 1,8° und 0,9°. Das entspricht 100, 200 und 400 Schritten pro Motorumdrehung. Dieser Wert ist, zusammen mit der nachgeschalteten Übersetzung, ein Maß für die Positioniergenauigkeit. Aus technischen Gründen lässt sich der Schrittwinkel nicht beliebig reduzieren. Die Positioniergenauigkeit kann nur mechanisch durch die Übersetzung gesteigert werden. Eine elegante Lösung zur Erhöhung der Positioniergenauigkeit ist das Microstepping der EL70x1.
Es erlaubt bis zu 64 Zwischenschritte. Der geringere, „künstliche“ Schrittwinkel hat einen weiteren positiven Effekt: Bei gleicher Genauigkeit kann der Antrieb mit einer höheren Geschwindigkeit gefahren werden. Die maximale Drehzahl bleibt erhalten, obwohl der Antrieb an der Grenze der mechanischen Auflösung positioniert.

Bestimmung des Schrittmotors

  1. Bestimmung der erforderlichen Positioniergenauigkeit und - dadurch bedingt - der Schrittauflösung. Zunächst muss geklärt werden, wie die Auflösung erreicht werden kann. Mechanische Untersetzungen, wie Spindel, Getriebe oder Zahnstangen führen zu einer Erhöhung. Zu berücksichtigen ist auch das 64-fache Microstepping der Schrittmotorklemmen.
  2. Bestimmung der Massen m und der Trägheitsmomente (J) aller zu bewegenden Teile.
  3. Berechnung der Beschleunigung, die sich durch die zeitlichen Anforderungen der bewegten Massen ergibt.
  4. Berechnung der auftretenden Kräfte aus Massen, Trägheitsmomenten und den jeweiligen Beschleunigungen.
  5. Umrechnung der Kräfte und Geschwindigkeiten auf die Motorachse, unter besonderer Berücksichtigung der Wirkungsgrade, Reibungsmomente und der mechanischen Größen, wie der Übersetzung. Praktischerweise berechnet man den Antrieb vom letzten Glied (das ist in der Regel die Last) aus rückwärts. Jedes weitere Element überträgt Kraft und Geschwindigkeit und führt durch Reibung zu weiteren Kräften oder Drehmomenten. An der Motorwelle ergibt sich während der Positionierung die Summe aller Kräfte und Drehmomente. Das Ergebnis ist ein Geschwindigkeits-/Drehmomentverlauf, den der Motor zu erbringen hat.
  6. Aus der Drehmomentkennlinie ist der Motor zu ermitteln, der die Mindestanforderungen erfüllt. Das Trägheitsmoment des ermittelten Motors ist zum gesamten Antrieb zu addieren. Eine erneute Überprüfung wird notwendig. Das Drehmoment sollte, um eine ausreichende Praxissicherheit zu gewährleisten, 20% bis 30% überdimensioniert sein. Gegenteilig kann die Optimierung verlaufen, wenn der größte Teil der Beschleunigung für das Rotorträgheitsmoment aufgebracht werden muss. In diesem Fall sollte der Motor möglichst klein ausgelegt werden.
  7. Test des Motors unter realen Anwendungsbedingungen: Die Gehäusetemperaturen sind im Dauerbetrieb zu überwachen. Werden die Berechnungen nicht von den Testergebnissen bestätigt, müssen die angenommenen Ausgangsgrößen und die Randbedingungen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Wichtig ist auch die Überprüfung von Randeffekten, wie Resonanzerscheinungen, Spiel in der Mechanik, Einstellungen der maximalen Lauffrequenz und der Rampensteilheit.
  8. Der Antrieb kann zur Erhöhung der Leistung durch unterschiedliche Maßnahmen optimiert werden: Auswahl leichterer Materialien, Hohlkörper, statt volles Material, und Reduzierung der mechanischen Massen. Großen Einfluss auf das Verhalten des Antriebs übt auch die Ansteuerung aus. Die Busklemme ermöglicht den Betrieb mit unterschiedlichen Versorgungsspannungen. Die Drehmomentkennlinie kann durch höhere Spannung verlängert werden. Dabei liefert ein Stromanhebungsfaktor im entscheidenden Augenblick das erhöhte Drehmoment, während eine allgemeine Absenkung des Stroms die Temperatur des Motors deutlich reduziert. In Sonderfällen kann auch eine speziell angepasste Motorwicklung sinnvoll sein.